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Informationsblatt Gesetz zur Regulierung der Sexarbeit (WRS).

 

Lassen Sie die Regierung wissen, was Sie von diesem Gesetz halten!

 

Die Regierung hat einen neuen Entwurf für ein Prostitutionsgesetz (WRS) geschrieben. Der Zweck des Gesetzes ist die Bekämpfung von Menschenhandel und anderen Missbräuchen. Darin heißt es auch, dass das Ziel darin besteht, die Position der Sexarbeiter zu verbessern. Gleichzeitig räumt der Bundestag ein, dass es Sexarbeiter in eine Ausnahmestellung bringt. Ihrer Meinung nach ist dies gerechtfertigt, da die Prostitution ihrer Auffassung kein normaler Job ist und nicht mit anderen Arbeiten verglichen werden kann.

Die Gesetzesvorlage liegt nun zur Konsultation vor. Das bedeutet, dass jedermann eine Reaktion darauf abgeben kann. Als Ergebnis der Reaktionen kann die Regierung immer noch beschließen, Teile des Gesetzentwurfes zu ändern. Die endgültige Gesetzvorlage geht dann an den Bundestag. Die Mitglieder des Bundestages können auch Dinge in der Gesetzesvorlage verändern oder sie ganz ablehnen. Wenn der Bundestag die Gesetzesvorlage annimmt, muss diese noch an den Bundesrat gehen. Der Bundesrat kann diese Gesetzesvorlage dann nicht mehr ändern. Der Bundesrat kann sie nur genehmigen oder ablehnen.

Die Frist für die Stellungnahme zum Gesetzentwurf ist der 15. Dezember 2019.  

Dies ist in der Gesetzvorlage angegeben:

Genehmigungspflicht für alle Sexarbeiter(innen)

  • Alle Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter müssen eine Erlaubnis haben, auch wenn Sie über das opting-in oder im ‚offenen‘ Fenster arbeiten.
  • Um eine Genehmigung zu erhalten, muss man über 21 Jahre alt sein und in den Niederlanden arbeiten dürfen.
  • Man muss ein Gespräch mit einem Beamten führen, der entscheidet, ob man “selbstständig” und “einsichtsfähig” genug bist, um als Sexarbeiter arbeiten zu dürfen. Wenn der Beamte keine “großen Einwände” dagegen hat, dass man in der Prostitution arbeitet oder weiterarbeitet, erhält man eine Lizenz.
  • Wenn der Beamte der Meinung ist, dass man nicht “einsichtsfähig” genug ist, oder meint, dass man unter Druck arbeitet, wenn man noch keine 21 Jahre alt ist, oder wenn man nicht über die richtigen Dokumente verfügt um in den Niederlanden zu arbeiten, wird keine Lizenz erteilt.
  • Man darf nur mit einer Lizenznummer und einer registrierten Firmenrufnummer werben.
  • Eine Lizenz ist fünf Jahre lang gültig.

Heimarbeiter

  • Eine Genehmigung bedeutet nicht, dass man eine Erlaubnis hat, von zu Hause aus zu arbeiten.
  • Das Gesetz ist diesbezüglich sehr vage. Auf der einen Seite heißt es, dass Gemeinden unabhängige Sexarbeiter nicht anders behandeln dürfen als andere Selbständige, wie z.B. Friseure oder Fusspfleger. Andererseits dürfen Gemeinden zusätzliche Regeln aufstellen und die meisten Bebauungspläne und Wohnungskooperationen verbieten die Prostitution.

Entzug der Lizenz

  • Die Lizenz kann widerrufen werden:
  • wenn die Beamten glauben, dass man nicht mehr “einsichtsfähig” genug ist oder dass man unter Druck arbeitet.
  • wenn man wiederholt ohne Lizenznummer und Firmenrufnummer wirbt oder nicht sofort eine Änderung der Firmenrufnummer meldet.

Sexarbeiter ohne Lizenz (der Gesetzentwurf nennt das “illegale” Prostitution)

  • Wenn man ohne Genehmigung arbeitet oder sich nicht an die Regeln hält, kann eine Geldstrafe von maximal 20.750 € verhängt werden.
  • Dies gilt auch, wenn man eine Genehmigung beantragt hat, diese aber abgelehnt wurde und man doch
  • Arbeitsbeziehungen von Sexarbeitern ohne Lizenz werden strafbar. Sie können zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren oder einer Geldstrafe von bis zu 20.750 € verurteilt werden. In der Gesetzesvorlage wird dies als “Vermittler der illegalen Prostitution” bezeichnet.
  • Dies gilt z.B. für Fahrer/Chauffeurs, Bodyguards, Reinigungspersonal und eventuell auch für Partner, die man zur Arbeit mitnimmt oder man im Auge behält. Es könnte auch gelten, wenn man mit einem Kollegen zusammenarbeitet. Der Gesetzentwurf ist in diesem Punkt nicht deutlich.

Nationales Register aller lizenzierten Sexarbeiter

  • Alle lizenzierten Sexarbeiter sind in einem nationalen Register mit ihrer Sozialversicherungsnummer, ihrer Arbeitstelefonnummer und ihrer Lizenznummer eingetragen.
  • Es ist zwingend erforderlich, eine Firmenrufnummer anzugeben. Wenn sich diese ändert, muss das sofort gemeldet werden.
  • Das nationale Register muss auch Folgendes umfassen:
  • wenn man bei der Arbeit ohne Genehmigung erwischt wird.
  • wenn man ohne Lizenznummer und registrierte Telefonnummer wirbt.
  • wenn man nicht sofort eine Änderung der Arbeitstelefonnummer meldet.
  • wenn die Beambte der Meinung ist, dass man unter Druck arbeitet oder wenn Zweifel an der Einsichtsfähigkeit besteht.
  • Jedermann kann im Register nachsehen, ob eine Lizenznummer tatsächlich existiert und ob eine bestimmte Lizenznummer und Telefonnummer zusammengehören.
  • Nur die Beamten können auch die Sozialversicherungsnummer einsehen.

Kunden

  • Im nationalen Register kann der Kunde überprüfen, ob eine Lizenznummer wirklich existiert und ob eine bestimmte Lizenznummer und Telefonnummer zusammengehören.
  • Kunden die Sex haben mit einem Sexarbeiter ohne Lizenz oder mit einem Sexarbeiter der in einer Firma ohne Lizenz arbeitet, werden bestraft. Sie können zu einer Freiheitsstrafe von höchstens einem Jahr oder einer Geldstrafe von bis zu 8.300 € verurteilt werden.

Sexunternehmen

  • Alle Sexunternehmen müssen eine Lizenz besitzen, auch z.B. Escort Unternehmen.
  • Die Gemeinden können eine maximale Anzahl von Genehmigungen festlegen.
  • Die Gemeinden können auch beschließen, gar keine Genehmigungen zu erteilen.
  • Lizenzierte Sexunternehmen dürfen nur miet lizenzierte Sexarbeiter arbeiten.
  • Es wird ein nationales Register aller Sexunternehmen geben.

Möchten Sie mehr wissen?

Den vollständigen Entwurf des Gesetzes und der Begründung finden Sie hier: https://www.internetconsultatie.nl/sekswerk  oder hier: https://www.recht.nl/nieuws/strafrecht/177463/concept-wetsvoorstel-regulering-sekswerk/

Den Nachrichtenbericht des Justizministeriums finden Sie hier:

https://www.rijksoverheid.nl/actueel/nieuws/2019/10/15/vergunningplicht-voor-prostituees-en-exploitanten-van-seksbedrijven

Was halten wir von der Gesetzvorlage?

Wir denken, dass dies eine schlechte Gesetzvorlage ist, die nicht hilft Missbräuche zu bekämpfen, sondern Sexarbeiter anfälliger für Zwang und Gewalt macht. Sexarbeiter, die sich nicht registrieren können, weil sie zu jung sind oder nicht die richtigen Dokumente haben und Sexarbeiter, die sich nicht registrieren wollen, weil sie sich um ihre Privatsphäre sorgen oder nicht vertrauen, wie die Regierung mit ihren Daten umgeht, werden in den illegalen Kreislauf gedrängt. Sie können nicht mehr sicher zur Polizei gehen, wenn sie oder ein Kollege/eine Kollegin Opfer von Einschüchterung, Erpressung, Nötigung oder Gewalt werden, weil sie selbst strafbar sind. Sie können nicht mehr auf Websites wie Kinky werben. Dies macht sie stärker von Anderen abhängig um Kunden zu finden. Auch Kunden und Arbeitsbeziehungen von nicht lizenzierten Sexarbeitern werden strafbar. Sie werden daher keine Missbräuche mehr melden. Missbraucher wissen das und werden das ausnutzen.

Das Kriminalisieren von Kunden und Arbeitsbeziehungen von nicht lizenzierten Sexarbeitern hat nichts mit Zwang, Gewalt oder Täuschung zu tun. Nur mit Sexarbeiter, die sich nicht anmelden wollen oder können. Nötigung, Gewalt, Ausbeutung und Täuschung sind seit langem strafbar, sei es gegen den Willen, Prostitution zu erzwingen oder jemanden zu zwingen Geld zu bezahlen oder unter unfreien Bedingungen zu arbeiten. Diese Gesetzesvorlage ändert nichts daran.

Die Gesetzvorlage wurde ohne Sexarbeiter und sogar gegen all ihre Ratschläge gemacht. Es behandelt Sexarbeiter wie Kinder, die nicht über ihren eigenen Körper, ihr eigenes Leben und ihre eigene Arbeit entscheiden können. Es stärkt das Stigma bei der Sexarbeit und versetzt Sexarbeiter in eine Ausnahmestellung.

Wir sehen Sexarbeiter als Partner bei der Bekämpfung von Missbrauch und nicht als unkontrollierbare Kinder, die von der Polizei, dem Staat und den Eigentümer von Sexunternehmen kontrolliert werden müssen. Sexarbeiter sind erwachsen, sie sind die Ersten, die profitieren von einem transparenten Sektor, und sie kennen den Sektor wie kein anderer, einschließlich der politischen Entscheidungsträger. Sexarbeiter sind nicht das Problem, sie sind Teil der Lösung.

Lassen Sie die Regierung wissen, was Sie von diesem Gesetz halten

Wir bitten Sie, auf den Gesetzentwurf zu antworten. Je mehr Leute sagen, dass dies eine schlechte Gesetzvorlage ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass diese blockiert wird.

Sie können bis zum 15. Dezember reagieren! Sie können dies tun, indem Sie auf dieser Website auf den Button ‘Bitte geben Sie Ihre Reaktion auf diese Konsultation ‘ klicken: https://www.internetconsultatie.nl/sekswerk

Sie können auch einen Brief schreiben und ihn als Dokument beifügen.

Meinungen

Zu dem Gesetzentwurf wurden verschiedene Stellungnahmen veröffentlicht.

In der Volkskrant finden Sie die Stellungnahme von Marjan Wijers, Mitglied der Sekswerkexpertise: Die Registrierung von Sexarbeitern hat den gegenteiligen Effekt https://www.volkskrant.nl/columns-opinie/registratieplicht-sekswerkers-heeft-averechts-effect~b585407d/

Es wurde auch ins Englische übersetzt: Neues Prostitutionsgesetz Niederlande wird gegenteilige Auswirkungen haben https://www.amsterdamredlightdistricttour.com/news/prostitution-law-netherlands/

Hier finden Sie die Stellungnahme von Rik Viergever, der im Vorstand von My Red Light sitzt: Auf diese Weise wird der Sexarbeiter nicht zu seinem eigenen Chef https://www.nrc.nl/nieuws/2019/10/23/zo-wordt-sekswerker-geen-eigen-baas-a3977803

Ein Video über den Protest von Sexarbeitern gegen den Gesetzentwurf finden Sie hier:    Mein Körper, meine Wahl – Sexarbeiter(innen) markieren Halloween mit Protest https://www.youtube.com/watch?v=j78DzdvPoFc&feature=youtu.be

Schon eher haben Joke Swiebel und Marjan Wijers im NRC über den Koalitionsvertrag geschrieben, in dem der Gesetzentwurf angekündigt wird: Kabinett zwingt Sexarbeiter in die Illegalität. https://www.nrc.nl/nieuws/2017/10/31/kabinet-dwingt-sekswerkers-de-illegaliteit-in-13756368-a1579287

SekswerkExpertise, 17. November 2019